Die jüngsten Ereignisse bieten uns eine ausserordentliche Gelegenheit, menschliche Interaktionen zu beobachten. Über Psychosen und allgemeine Ängste hinaus behalten wir – auf einer professionelleren Ebene – den Wunsch, weiterhin zu kommunizieren, mit Kollegen in Kontakt zu bleiben, nicht nur während virtuellen Meetings, sondern auch während virtuellen Kaffeepausen.
Bereits vor mehr als 2000 Jahren glaubte Aristoteles, dass der Mensch sein Potenzial entwickelt und seine natürlichen Lebensziele in einem sozialen Kontext erreicht, indem er sich in einer von Gesetzen und Bräuchen regierten Gesellschaft wohlfühlt.
Unser Beruf erlaubt es uns heute mit hunderten von Führungskräften, die derzeit aus dem Homeoffice arbeiten, zu diskutieren und zu beobachten. Bis vor einem Monat gehörte die Möglichkeit, mindestens einmal pro Woche Homeoffice zu leisten, zu den „Top 5 der Wünsche“, um Verkehrsmittel (und damit Staus), die Parkplatzsuche usw. zu vermeiden. Wenn es stimmt, dass Homeoffice ein zunehmend präsentes Element in den HR-Leistungskatalogen der Unternehmen ist, erleben wir in Wirklichkeit gleichzeitig eine Explosion der Coworking-Aktivitäten. Das niederländische Unternehmen Space, welches erst vor 10 Jahren gegründet wurde, ist heute in 50 Ländern mit mehr als 400 Coworking Centers vertreten.
Ist das ein Widerspruch? Die Zunahme von Heimarbeit, aber auch von Coworking? In Wirklichkeit ist dies unserer Meinung nach ein deutliches Zeichen für den Wunsch weiter zusammenzuarbeiten, den Raum des täglichen Lebens mit anderen Menschen zu teilen, Ideen zu verändern und gemeinsam zu denken. Ein weiterer Beweis dafür ist, dass immer mehr Selbständige, die von zu Hause aus arbeiten könnten, Coworking Spaces mieten, um den Kontakt zu anderen oder die Regelmässigkeit des beruflichen Ablaufs nicht zu verlieren.
Was die Arbeitnehmer wirklich wollen, ist nicht die Einsamkeit des Homeoffice, endlose Telefonkonferenzen oder virtuelle Kaffeepausen, sondern Flexibilität in der Organisation ihrer Tage sowie reduzierte Reisezeiten. Einige Unternehmen haben dies verstanden und bieten statt oder zusätzlich zum Homeoffice die Möglichkeit an, regelmässig von dezentralen, näher am Wohnort der Mitarbeiter gelegenen Büros aus zu arbeiten, sodass diese mit ihren Kollegen (oder einigen von ihnen) in Kontakt bleiben können.
In der Schweiz sind wir trotz einer Pendlerzeit von nur 30 Minuten, im Vergleich zu 60 Minuten oder mehr in europäischen Grossstädten wie London und Paris, sehr sensibel für die Lebensqualität, welche auch mit der Zeit im Verkehr verbunden ist.
Es ist daher ratsam mehr an den Konzepten der Flexibilität und Verkürzung der Reisezeit zu arbeiten als an der reinen «Homeoffice-Praxis». Denn der Wunsch, zusammen zu bleiben und die Freude an der Durchführung eines gemeinsamen Projekts mit Menschen, deren Werte und Vision wir teilen, ist immer ein starker Motivationsfaktor.