Vor einigen Monaten verlor mein erster Manager und dennoch Freund im Alter von 58 Jahren seinen Job, nachdem er 30 Jahre lang für eine Genfer Privatbank gute und loyale Arbeit geleistet hatte. Katastrophe! Grossfamilie, Hypothek, Selbstwertgefühl, Ende der Karriere, kurz gesagt ein explosiver und potenziell gefährlicher Cocktail. Sicherlich ist mein Freund nicht am schlimmsten dran. Seine zweite Säule ist gut gefüllt und sein Austrittspaket erlaubt es ihm, ein paar Monate zurecht zu kommen, aber trotzdem…. Niemand will seine Karriere auf diese Art und Weise beenden und durch die Hintertür gehen.
Rasch wird ein Krisenmeeting mit unserer Gruppe von Freunden aus HRler, Bänker und Anwälten (überraschend für eine Gruppe von Genfer Freunden, nicht wahr?) organisiert. Alle Lösungen werden erwähnt; befristeter Einsatz, Beratung, Unabhängigkeit…. Irrfahrt…. ?! Gute Ratschläge und tröstende Worte sprudeln nur so. Mein Freund hingegen bleibt ruhig und ist weniger gestresst als wir alle zusammen.
Wochen vergehen, die Unsicherheit setzt ein, das schöne Wetter hilft, gleicht die Unsicherheit aber nicht aus.
Mein Freund ist ein erfahrener und vorbildlicher Manager, tolerant gegenüber allem und jedem, ein engagierter und fairer zugleich. Er hat viele Karrieren hinter sich und ist nie einen Schritt zurück gegangen. Eine Person aus seinem früheren Arbeitsumfeld kontaktierte ihn eines Morgens und informierte ihn, dass sein Bankinstitut einen Leiter für die Übernahme eines Teams suche. Daraufhin schickte er seinen Lebenslauf an die Personalabteilung. Er wurde eingestellt. Im Alter von 58 Jahren war er 4 Monate arbeitslos.
Ich weiss nicht, ob wir hier über Karma oder Schicksal sprechen sollten, aber es scheint klar zu sein, dass in einem extrem wettbewerbsorientierten beruflichen Umfeld, welches potenziell individualistisches Verhalten erzeugt, mein Freund gezeigt hat, dass Güte, Demut, Empathie und Grosszügigkeit wichtige Tugenden sind und dass Gutes wiederum Gutes erzeugt.
Am Ende bekam er endlich was er verdiente.